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  150 JAHRE ÖSTERREICHISCHE BRIEFMARKE

 

Dr. Christine Kainz

 

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In den fünfziger Jahren unseres Jahrhunderts sorgte die Kunde, die älteste Briefmarke der welt sei aufgetaucht und stamme aus österreichischen Landen, in Fachkreisen für beträchtliches Aufsehen, Leute, die wichtige Ereignisse und allerlei Merkwürdigkeiten in Datenweisern verarbeiten, nahmen sofort dasJahr 1839 darin auf und versogen seither die Mitwelt gelegentlich mit dieser Nachricht. Zu Unrecht; denn sie ist falsch, ebenso falsch wie die bewusste Briefmarke.

Wenn hingegen davon die Rede ist, dass in den dreissiger Jahren des vorigen Jahrhunderts ein gewisser Laurenz Koschier, geboren 1804 im krainischen Unter-Luscha bei Bischoflack, aufklebbare Wertzettelchen in Form von Briefmarken erfunden haben soll, steckt darin mehr als nur in Körnehen Wahrheit, wie genügend Belege beweisen. Der altösterreichische Rechnungsbeamte hatte jedoch das Pech, in heimischenGefilden nicht auf die geringste Gegenliebe für seine Erfindung zu stossen. Daher geriet er mitsamt seiner grossartigen Idee für lange Zeit in Vergessenheit.

Womit die k.k. österreichische Post der Metternich-Ära ihre Chance, als Briefmarkenpionier in die Weltgeschichte einzugehen, verspielt hatte; denn die Fakten liegen so: Die ersten Briefmarken der Welt wurden am 6. Mai 1840 in England ausgegeben, un dzwar unter dem Generalpostmeister Rowland Hill.

„Der lange Weg zum 1. Juni 1850"

Aus heutiger Sicht schwer begreiflich, aber wahr: Bei der Ausgabe von Postwertzeichen folgten andere Postverwaltungen dem Beispiel Englands nur zögernd. Als Österreich sich 1849/50 dazu entschloss, hatte es welweit nur 15 Vorgänger. Da der gleichfalls durch England ausgelöste Schock „Eisenbahn" den europäischen Kontinent auch erst mit einiger Verspätung erreicht hat, wird das „Nur" allerdings ein wenigverständlicher; denn immerhein hatten die Götter vor das sinvolle Aufgreifen der Idee von denBriefmarken eine Menge Schweiss gesetzt: Unvermeidliche Portoreformen nämlich.

Sie wurden dadurch fällig, dass viele Postsendungen nun schon per Bahn und nicht mehr per Kalesche reisten. Die althergebrachten, zumeist ziemlich Posttarife waren auf den Kutschenbetrieb abgestimmt und liessen sich daher nicht mehr rechtfertigen, als Briefe und Pakete weitaus rascher in Zügen befördert werden konnten. Die Post kam um eine tiefgreifende Portoregulierung einfach nicht herum - auch wenn die Finanzbehörde sich damit überhaupt nicht anfreunden wollte.

Im Herbst 1849 war die gründliche Überarbeitung des bislang so komplizierten Briefposttarifs endlich so weit gediehen, dass sie genehmigungsreif schien. Zugleich mit den neuen Gebühren solten die aufklebbarenWertzeichen ihre Bewährungsprobe bestehen. Schlieslich dürfe Österreich auch in dieser  Hinsicht nicht hinter den zivilisierten Staaten Europas zurückbleiben, vermerkte der k.k. Handelsminister Baron Bruck zum Thema Briefmarken in einem dem Kaiser unterbreiteten Vortrag, über die Portoreform am 14. September 1849. Elf Tage später waren sämtliche Punkte des Vortrages ohne Abstriche durch folgende Klausel gebilligt: „ Die Anträge zur Reform des Brief- und Fahrpost-Tariffes erhalten meine Genehmigung Schönbrunn, den 25. September 1849. Franz Joseph." Die Post hält dieses Dokument mit der Unterschrift des neunzehnjährigen Kaisers begreiflicherweise in gebührenden Ehren.

„Vorarbeiten unter Zeitdruck"

Der Auftrag, das Markenprojekt eiligst zu verwirklichen, erging am 1. Oktober 1849 an den kaiserlichen Rat Dr. Johannes Jakob Herz, der sich in einschlägigen Missionen schon in München, Brüssel und Londonumgesehen Hatte. Herz selbst verbreitete sich über die dabei gewonnen Erfahrungen zwar ausführlich, aber über die tatsächliche Vorgerschichte der ersten österreichischen Briefmarken lässt sich daraus nichts entnehmen. Und auch die zeitgenössischen Akten - sofern noch greifbar - schweigen sich über Einzelheiten zum Markenentwurf gründlich aus

Nur im Archiv der Österreichischen Staatsdruckerei AG gibt es darüber noch aufschlussreiche Niederschriften. Daraus geht  hervor, dass der Chef des renommierten k.k. Staatsbetriebes, Regierungsrat Auer, mit dem postalischen Entwurf höchst unzufrieden war und es zudem als Kränkung empfand, nicht direkt mit dem Markenauftrag betraut worden zu sein. Das von ihm geleitete Institut hätte seiner Meinung nach weitaus bessere Arbeiten geliefert - Arbeiten zumal, neben denen ohne Frage alle bisherigen ausländischen Wertzeichendrucke verblasst wären, „während der genau nach der Anleitung des k. Rates Herz angefertigte Stempel sowohl hinter der Leitschungsfähigkeit als hinter den bisherigen Leistungen der Staatsdruckerei weit zurückbleibt..."

Da nun aber die Zeite drängte und die Ausgabe ohnedies nur als Provisorium gedacht war, stiessen dieEinwendungen Auers auf taube Ohren. Er musste am 5. Februar 1850 vielmehr die Weisung des Handelsministers zur Kenntnis nehmen, dass „vor der Hand die Post-Franco-Stempel nach den vorgelegten Mustern" herzustellen waren. Alle Diskussionen hatten damit ein Ende gefunden, die Druckvorbereitungen liefen an. Gleichzeitig erschienen im Verordnunungsblatt für Posten, Eisenbahnbetrieb und Telegraphen Nr. 25-28 vom 27. März 1850 die neuen „Bestimmungen über die Briefporto-Taxen und ihre Einhebung durch Briefmarken".

„K.K.Poststempel" in zweifacher Ausgabe

Mit einer Amts wegen vorgenommenen Beschreibung der Neuerung „Briefmarke" hielten sich die erwähnten Bestimmungen nicht auf; es wurden nur die 5 Werte der Ausgabe und ihre Farben bekanntgegeben. Die marken waren, vom Wertaufdruck und der Farbgebung abgesehen, durchwegs einheitlich gestaltet. Sie zeigten den Doppeladler des Staatswappens in einem dekoristen Schild, darüber die Kaiserkrone, über Palmblättern links einen Lorbeer- und rechts einen Eichenzweig, ganz oben die Inschrift „K.K.POST-STEMPEL" und unten in einer eigenen Leiste die Wert- und Währungsangaben.
Die Erstausgabe bestand aus Marken zu 1 Kreuzer (gelb), zu 2 Kreuzern (hellrot), 6 Kreuzern (rotbraun) und 9 Kreuzern (blau). Genauer gesagt: Das waren die Werte der sogenannten deustchen Ausgabe. Da die Währung von 1 Gulden Conventionsmünze = 60 Kreuzer jedoch in dem damals von Österreich verwalteten Gebiet Lombardei-Venetien nicht zu brauchen war - dort war 1 Lira in 100 Centesimi unterteilt -, musste auch an eine „italienische" Markenausgabe gedacht werden. 1 Kreuzer wurde mit 5 Centesimi umgerechnet; somit   ergaben sich Wertaufdrucke von 5, 10, 15, 30 und 45 Centes(imi). In allen übrigen Belangen unterschieden sich die „italienischen" Marken von den „deutschen" jedoch nicht.

In Anlehnung an die damalige österreichische Währung umfasste ein Markenbogen 60 Einzelmarken, also 8x8 Markenfelder, wovon vier allerdings kein Wertzeichen, sondern nur den Aufdruck eines liegenden Kreuzes („Andreaskreuz") enthielten. Die Marken mussten von den Bogen abgeschnitten werden, denn eine Perforierung gab es noch nicht. Für das Aufkleben lautete die amtliche Weisung: Bei gewöhnlichen Briefen auf der Vorderseite des Kuverts oben in der Mitte; die bei Einschreibsendungen fällige Zusatzgebühr hingegen war auf der Siegelseite des Briefes in Marken auszuweisen.

Die neue Wortbildung „Briefmarke"

Obgleich auf den im Frühjahr 1850 gerade im Druck befindlichen österreichischen Marken „provisorien" die Bezeichnung „K.K.POST-STEMPEL" zu lesen stand, stellte die oberste Postbehörde die kleinenKlebezettelchen zur Vorausbegleichung des Portos in der Einführungsvervordnung ganz offiziell als „Briefmarken" vor.

Das war überraschend; denn damit war ein neuer Name für etwas aufgetaucht, das zur gleichen Zeit im übrugen deustchprachigen Raum Frankaturzeichen (Zürich 1843), Frankozettelchen (Basel 1845) oder Franko-Marke (Bayern 1849) hiess. Bei der österreichischen Post hingegen hatte man letzten Endes für die neuartigen postalischen Aufkleber keine Wortbildung mit Franko- („Porto bezahlt") geprägt, sondern - wohl in Erinnerung an gewiesse Vorakten, in denen ein gewisser Laurenz Koschier schon ähnliche Formulierungen ausprobiert hatte - gleich von Anfang an jener geradezu genial einfachen Bezeichnung den Vorzug gegeben, die sich später im ganzen deustchen Sprachgebiet eingebürgert hat.

Post- und andere „Stempel"

Auch wenn in der zugehörigen Verordnung von Briefmarken die Rede war: Die auf der ersten österreichischen Wertzeichenausgabe gedruckte  Bezeichnung „K.K.POST-STEMPEL" verriet noch starke Bindungen an die Tradition; denn wenn bislag von „Stämpeln" die Rede war, galt dieser Ausdruck im Bereich der staatslichen Verwaltung einer bestimmten Art der Abgabenentrichtung, eben jener durch „Papierstämpel", wie der Briefbogen mit amtlich eingedruckter Vignette hiess. (Stempelmarken kamen erst 1854 auf den Markt.) Rechtgeschäfte, Ankündigungen, Amsthandlungen usw. unterlagen der Stempelpflicht im fiskalischen Sinne.

Bei der Verwendung von Briefmarken handelt es sich nun zwar kineswegs um die Entrichtung einer Abgabe, sondern um die Vorauszahlung des Beförderungsentgelts, aber so genau hat man es 1850 anscheinend nicht genommen. Die Benützer hatten der staatslichen Pots etwas zu bezahlen, also schien der Ausdruck „POST-STEMPEL" für erste gerechtfertigt. Grössere Schwierigkeiten mit diesem Begriff stellten sich freilich bald ein; die Marken mussten ja nach allen Regeln der Kunst entwertet werden, und dazu diente ebenfalls ein „Poststempel", nunmehr in Form eines Gerätes.

Um die Verwirrung der Begriffe nicht auf die Spitze zu treiben, hilet man es um die Mitte des 19. Jahrhunderts für angebracht, weinigstens den Vorgang der Markenentwertung eindeutig gegenüber anderen Inhalten des Begriffes „Stempel" abzugrenzen. Man sprach zunächst von der Vernichtung oder Vertilgung der Wertzeichen, entschied sich jedoch bald für das weniger brutal klingende Fremdwort „Obliterirung"; mit dem vorschriftsmässig bei allen Ämtern vorhandenen „Orts- und Datumstempel" war diese wichtige Dienstobligenheit nummehr zu besorgen.

Bei den Kunden wie bei der Post: Umdenken ist gefragt

Während sich etliche Jahre später der Postdienst ohne das Rationalisierungsmittel Briefmarken kaum mehr vorstellen liess, dürfte es im Österreich des Jahres 1850 genau umgekehrt gewesen sein. Zunächst waren es begreiflicherweise die Postbenützer, die davon überrascht unf betroffen waren. Dies nicht allein deshalb, weil sie jetzt mit Wertzeichen manipulieren und sich über die Höhe der vorgeschriebenen Gebühren selbst informieren mussten, sondern weil nunmehr, wenigstens im Inlandsverkehr, der Freimachungszwang beim Absender lag.

Das war bislang keineswegs selbstverständlich gewesen: Der zuletzt ergangenen Taxordnung von 1817 zufolge konnte das Porto wahlweise bei der Aufgabe oder bei der Abgabe des Poststücks entrichtet werden. Es war also nicht weiter verwunderlich, dass noch entliche Monate   nach dem 1. Juni 1850 unfrankierte Briefe in den Briefkästen landaten. Andererseits - als Pluspunkt konnten die „Parteien" postalische Bürgernähe verbuchen, denn es war bald nicht mehr notwendig, sich zum Erwerb von Briefmarken auf ein Postamt zu begebn. Die Wertzeichen wurden auch priivaten „Verschleissern" (Warenkleinhändlern) zum Verkauf überlassen, falls sie ihr Geschäft mit einem entsprechenden Hinweis ausstatteten und in oder vor dem Laden einen Briefkasten anbrachten.

Amstbekannt war freilich auch, dass nicht wenige Postler die Neuerung Briefmarken nicht mit der gebotenen Dienstbeflissenheit propagiertne. Um die vom Staat besoldete und daher zuweilen etwas selbsherrlich agierende Kollegenschaft an ihre Amtspflichten  zu erinnern, liess der Generaldirektor daher gedruckt jene Dank- und Anerkennungsschreiben verbreiten, die der kleine Postexpeditor Joseph Mais in Amstetten für seine Aufklärungsarbeit in Sachen Briefmarken einheimsen konnte und fügte die Ermahnung an: „Möge doch Jeder sich stets gewärtig halten, dass die Zeit vorbei ist, wo es genügend schien, Verordnungen zu schreiben und gedruckte oder geschriebene Kundmachungen an die schwarze Tafel zu heften, ohne sich weiter zu bekümmern, ob die Ersteren befolgt, die Letzteren verstanden werden, und ins praktische Leben übergehen." Der Umgang mit Briefmarken stellte also gleichzeitig neuen Weichen in Richtung Kundendienst.

Der erste bekannte Markenkünstler

Für eine nur als Provisorium gedachte Wertzeichenausgabe hatte jene von 1850 ein recht zähes Leben; immerhin erfolgte die nächste Freimarkenenmissionen erst 1858. Man hatte das Thema zwar keineswegs aus den Augen verloren, aber es mangelte micht an Schwierigkeiten und Problemen. So verursachte beispielsweise allein die Absicht, das Bild des Monarchen auf Briefmarken wiederzugeben, einiges Kopfzerbrechen; würde es durch das „Obliteriren" nicht ungebührlich beeinträchtigt? Es bedurfte einiger Jahre, um solche und andere Fragen zu klären. Immerhin galt es ja auch, für die Perforierung der Markenbögen eine optimale Lösung zu finden und zudem die Einführung der neuen „Österreichischen Währung" abzuwarten, der zufolge nunmehr 1 Gulden (ö. W.) in 100 Kreuzer unterteilt war.
Neue Wertzeichen erschienen trotzdem schon ein halbes Jahr nach dem „K.K.POST-STEMPEL", denn am 1. Jänner 1851 gab Österreich als erste Postverwaltung der Welt eigene Zeitungsmarken aus. Auf ihr ebenso interessantes wie wechselvolles Schicksal soll hier nicht näher eingegangen werden; im Zusammenhang mit den Briefmarken ist nur bemerkenswert, dass die Idee, die quadratischen Zeitungsmarken mit dem Kopf des römischen Gottes Merkur zu zieren, dem Leiter der Staatsdruckerei zugeschrieben wird. Regierungsrat Auer konnte sein Institut also wenigstens beim zweiten Markendruck ins Spiel bringen. Für den künstlerichen Entwurf der „Merkure" sorgte der Kupferstecher Josef Axmann. Er ging damit insoferne in die Geschichte  des österreichischen Briefmarkenschaffens ein, als es sich bei ihm nachweislich um die erste Künstlerpersönlichkeit handelt, die sich mit der „Kunst der kleinen Form" auseinandergesetzt hat.

Die ungelöste Frage

Begreiflicherweise regt die erste österreichische  Briefmarkenausgabe nach wie vor Philatelisten und Forscher zu Neuentdeckungen an. Die Marken weisen ja eine Vielzahl von Nachdrucken mit Typenunterscheidungen und Abarten auf, die sich durch die Abnützung der Druckstöckel, durch das Einlöten von Ersatzstöckeln, durch Nachgravierung und Papieränderung, den Austausch von Wertziffern usw. ergeben haben. Viele einstige „Geheimnisse" dieser Ausgabe sind als längst keine Geheimnisse mehr. Bekannt ist auch, dass der Markenentwurf von dm Graveur Hermann Tautenhayn in Stahl geschnitten wurde.
Wer aber hat den Entwurft vorgelegt bzw. verfasst? Sofern die schon zitierten Aussagen des Chefs der Staatsdruckerei aus 1850 wortwörtlich genommen  werden dürfen - und es besteht kein Anlass, das nicht zu tun! - hat ihn der zwar vielseitig begabte, aber überaus ehrgeizige und daher nicht sonderlich beliebte Dr. Johannes Jakob Herz ins Spiel gebracht. Ob er ihn selbst gezeichnet hat oder zeichnen liess, ist ungeklärt und reizt daher zu Spekulationen. Zeitdokumente sagen darüber jedoch nichts aus.

So hat sich die allererste und gewiss auch am besten erforschte Briefmarkenausgabe Österreichs doch noch ein kleines Geheimnis bewahrt.

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Editováno:
26.12.2003